20 Jahre ‘Erster Mai in Kreuzberg’

Der zwanzigste Erste Mai – ist noch lange nicht vorbei.
Das klingt jetzt vielleicht nicht sooo toll poetisch, aber irgendwie muss ich diesen Eintrag ja beginnen.. – ..und die Parolen-Form als Stilmittel erschien mir irgendwie passend..:]

Was dieses Jahr so alles passiert weiss ich nicht – und wie jedes Jahr bin ich mir nicht sicher, ob ich’s überhaupt wissen will.. Mir ist in den vergangenen Jahren einfach zuviel kaputt gegangen – bzw. kaputt gemacht worden, um ‘lustig und ausgelassen’ auf einem der vielen Feste feiern zu können – wie es z.B. in Helsinki (Finnland) beim alljährlichen Vappu üblich ist.

Wie auch immer – hier ein ‘kurzer’ bzw. unvollständiger Rückblick auf einige meiner bisherigen 1.Mai’e..

Mein persönlich erster 1.Mai in Kreuzberg jährt sich dieses Jahr auch zum zwanzigsten mal, fand eigentlich aber erst am 2.Mai statt. Nachträglich betrachtet muss sagen, dass die Entscheidung, doch erst am 02.05. und nicht schon am 01.05.1987 nach Berlin zu fahren, um das Wochenende in der Wohnung des großen Bruders eines Schulfreundes zu verbringen, eine glücklich gute Entscheidung war.
Die Wohnung befand sich in Kreuzberg 36 in der Lausitzer Strasse – und als wir nachmittags nach langer Bahnfahrt und anschliessendem U1-Transfer endlich am U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof ausstiegen, war der Bolle-Markt nur noch eine qualmende Ruine. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft in der Lausitzer Strasse gingen wir an diversen in den Strassenbelag eingebrannten Autowracks vorbei, überall Pflastersteine, Scherben.

Mein erster 1.Mai war natürlich nicht mein einziger 1.Mai. Im Laufe der Jahre war ich immer wieder auf verschiedenen Veranstaltungen und Strassenfesten – und konnte es zum Glück immer weitestgehend vermeiden, da zu sein, wo Krawalle waren..

Anfgang der Neunziger Jahre nahm ich sogar einmal am traditionell-revolutionären Demonstrationszug teil – aber als kurz nach Beginn der Veranstaltung Flaschen, Steine und Knüppel flogen, konnte ich mich zum Glück gerade noch rechtzeitig in ein Treppenhaus flüchten – ein Mieter öffnete die Tür und ca. 50 bis 100 nicht-gewaltbereite ‘Krawall-Flüchtlinge’ durften sich das Spektakel, dass dort auf der Kreuzung Oranienstrasse/Adalbertstrasse veranstaltet wurde, aus dem sicheren 3.OG ansehen.
Was genau geschehen war, vermag ich heute nicht mehr mit Sicherheit zu sagen – zu sehen war jedenfalls ein gelber Lautsprecherwagen in der Mitte der Kreuzung, auf ihm und um ihn herum mehr oder weniger Vermumte mit Fahnen und/oder Knüppeln, um diesen inneren Kreis herum hatte sich die Polizei positioniert, die offensichtlich an den Lautsprecherwagen bzw. an die in seiner Nähe befindlichen Personen heran wollte. Um diesen diesen Kreis herum waren dann wieder DemonstrationsteilnehmerInnen zu sehen, die scheinbar nicht besonders positiv über die bisherige Polizeitaktik dachten. Als ‘Krönung’ des ganzen näherten sich diesem Zirkel wiederum Polizeikräfte aus verschiedneen Richtungen, vermutlich um den im inneren Kreis ‘eingeklemmten’ Ordnungskräften zu Hilfe zu kommen..

Das war das erste und einzige mal, dass ich an der ‘traditionellen’ bzw. ‘revolutionären’ 1.Mai-Demo teilnahm – von nun an wollte ich die Sache ruhiger angehen, und mich nur noch an Strassenfesten, Stadtteilfesten, Konzerten und Parties beteiligen.. – ..aber auch das muss nicht unbedingt ungefährlich sein, wie sich Mitte der Neunziger herausstellen sollte..

Wenn ich mich korrekt erinnere war’s zur Walpurgisnacht’95 – also am 30.04.1995, als ich mich mit einigen Freunden und Freundinnen relativ spontan auf dem Kollwitzplatz traf, um die Walpurgisnacht zu feiern. Wir trafen uns vor dem damaligen Café Westphal – und stellten schnell fest, dass wir nicht die einzigen waren. Meinen Schätzungen zufolge waren ein paar tausend andere Leute auf die gleiche Idee gekommen – vielleicht gerade auch um den ‘traditionellen’ 1.Mai-Krawallen aus dem Weg zu gehen.
Man saß und aß und trank und quatschte – und um irgendwelche Feuerchen tanzten ‘junge Frauen in bunten Kleidern’ (vermutlich als Hexen verkleidet) und irgendwelche Leute spielten auf irgendwelchen selbstgebastelten Instrumenten – und es war ein schöner warmer Abend – bis es plötzlich zu ‘regnen’ begann. Erst dachten wir uns nichts dabei, es waren ja auch nur ein paar Tropfen, die eher zufällig und in kleinen Grüppchen durch das Laubdach nieselten. Als dann aber plötzlich auch kleine Grüppchen behelmter Ordnungskräfte durchs Dickicht huschten, wurde schnell klar, dass es sich bei dem sporadischen Nieselregen nur um Wasserwerfer der Berliner Polizei handeln konnte.
Was war geschehen..?! Mehrere freundliche Aufforderungen, die Feuerchen zu löschen und den Platz zu verlassen waren irgendwie nicht angekommen – vielleicht wegen der Trommelklänge, vielleicht wegen der Gesänge, vielleicht auch weil einfach ein paar tausend Leute einfach gemütlich zusammensaßen und ausgelassen feierten, und die Lautsprecheransagen aus den Seitenstraßen einfach nicht so richtig gut ankamen.
Anstatt nun von Grüppchen zu Grüppchen zu gehen, und alle Anwesenden darüber zu informieren, dass die Party nun zu Ende sei, entschloss man sich, kreuz und quer über den Platz zu rennen, und die Botschaft vom vorzeitigen polizeilichen Ende der Feierei eher ‘bildlich’ darzustellen. Wir verstanden diese uns so vorgeführte Botschaft umgehend – und machten uns ziemlich panisch ‘vom Acker’.
In den folgenden Jahren kam es dann im Bezirk Prenzlauer Berg rund um den Kollwitzplatz und bis hin zum Mauerpark immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Polizisten und Nicht-Polizisten, die ‘Kreuzberger Krawalle’ hatten nun endgültig auch ihren Weg in den Berliner Osten gefunden – begannen nun nur schon einen Tag früher..

Forsetzung folgt..


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